Die Behandlung einer Depression hat die individuelle Persönlichkeit mit zu berücksichtigen

Depression und Persönlichkeit - untrennbar verbunden

Depression kann jeden treffen. In den Statistiken der Krankenversicherer nimmt die Zahl Betroffener weiterhin und stetig zu: in Zeiten des Fachkräftemangels eine zusätzliche Belastung für Arbeitgeber und Beschäftigte. Erschwerend kommt die geringe Verfügbarkeit von Psychotherapieplätzen. Ein freier Psychotherapieplatz wird immer mehr zum Glücksfall.

Dabei könnte bei einer frühzeitigen Versorgung einem fortschreitenden Krankheitsverlauf und den damit häufig verbundenen langen Ausfallzeiten im Beruf wirksam vorgebeugt werden. 

Denn: je früher die depressiven Symptome erkannt werden und je persönlichkeitsspezifischer die Behandlung erfolgt, je größer ist die Wahrscheinlichkeit einer zeitnahen Besserung und Genesung.

Inhalt

Was ist eine Depression?

Die Depression ist eine psychische Störung, die psychiatrisch den affektiven Störungen zugrechnet wird. Etymologisch stammt der Begriff aus dem Lateinischen von ‚deprimere‘ und kann mit ‚niederdrücken‘ übersetzt werden.

Merkmale einer Depression

Um dies besser zu verstehen, hilft ein Blick in die sog. Klassifikationslisten oder Diagnosemanuale ICD-10 und DSM-5. Hier werden die Merkmale von Depression in Haupt- und Zusatzsymptome unterschieden:

Hauptsymptome einer Depression

  • Gedrückte Stimmung bis hin zum „Gefühl der Gefühllosigkeit“ oder dem Gefühl anhaltender innerer Leere.
  • Interessensverlust und Freudlosigkeit, wobei die Stimmung auch durch Zuspruch nicht aufzuhellen ist.
  • Antriebsmangel, der so weit gehen kann, dass selbst einfachste Tätigkeiten wie Körperpflege oder Einkaufen nicht mehr verrichtet werden können.

Zusatzsymptome einer Depression

  • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • vermindertes Selbstwertgefühl und Insuffizienzgefühl
  • Schuldgefühle und Gefühle von Minderwertigkeit
  • Pessimistische Zukunftsperspektiven
  • Gefühl von Sinnlosigkeit bis hin zu Suizidgedanken oder -handlungen
  • Schlafstörungen
  • verminderter Appetit
Depression und Burnout verlangen eine professionelle Versorgung

Schweregrad einer Depression

Eingeteilt wird der Schweregrad der Depression entsprechend der Anzahl gezeigter Symptome:

  • leichte Depression: zwei Hauptsymptome und zwei Zusatzsymptome
  • mittelschwere Depression: zwei Hauptsymptome und drei bis vier Zusatzsymptome
  • schwere Depression: drei Hauptsymptome und fünf oder mehr Zusatzsymptome

Ursachen von Depression

Die Ursachen von Depression sind komplex und können von Person zu Person variieren. Folgende Punkte erhöhen das Risiko für eine depressive Erkrankung:

  • Genetische Veranlagung im Sinne einer familiären Vorbelastung
  • Biochemische Ungleichgewichte der Botenstoffe im Gehirn
  • Belastende Lebensereignisse und Stress
  • Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen
  • Somatische Erkrankungen, die auf die biochemischen Prozesse im Gehirn einwirken

Persönlichkeit und Umwelt beeinflussen Depression

Einer Depression liegen also komplexe Zusammenhänge zu Grunde, bei denen sowohl persönliche als auch situative, bzw. Umweltfaktoren eine Rolle spielen.

Häufig ist ein Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Lösungsvermögen zu beobachten: Viele von Depression Betroffene erleben, dass das, was das Leben aktuell von ihnen fordert, ihre eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten übersteigt. Sie erleben ein „zu wenig des eigenen“ bei gleichzeitig „zu viel des anderen“.

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Was ist Persönlichkeit?

Spätestens an dieser Stelle ist zu fragen: was ist denn überhaupt ‚Persönlichkeit‘? Persönlichkeit wird verstanden als die Gesamtheit aller überdauernden individuellen Besonderheiten im Erleben und Verhalten eines Menschen. Es geht also im Wesentlichen um das Denken, Fühlen und Handeln von Personen, wie es sich situationsübergreifend und über einen gewissen Zeitraum hinweg musterartig zeigt.

Persönlichkeitsfaktoren mit erhöhtem Depressionsrisiko

Studien zeigen, dass folgende Persönlichkeitsfaktoren im Zusammenhang stehen mit einem erhöhten Depressionsrisiko.

Neurotizismus

Hohe Ausprägungen des Big-Five-Faktors ‚Neurotizismus‘ gelten als bekannter Prädiktor für Depression. Dabei erfasst dessen Subfaktor ‚Emotionale Beweglichkeit‘ die Neigung zu Sorge, Angst oder anderen negativ konnotierten Emotionen.

Der zweite Subfaktor des Neurotizismus – ‚Selbstunsicherheit‘ – erfasst im Wesentlichen Aspekte des Selbstwertgefühls. Für Menschen mit hohen Ausprägungen ist die Frage wichtig, wie andere sie wahrnehmen könnten. Unterlaufen ihnen Fehler, lassen sie sich leicht verunsichern und entmutigen.

Selbstwirksamkeitserwartung

Die Selbstwirksamkeitserwartung gibt Auskunft darüber,
inwieweit eine Person mehr oder weniger bewusst davon ausgeht, die an sie
gerichteten Aufgaben bewältigen zu können. Bei Depressiven zeigen sich hier
häufig unterdurchschnittliche Ausprägungen, die mit einem Gefühl der
Hilflosigkeit einhergehen.

Stehen einer geringeren internalen Wirksamkeitserwartung
noch hohe Ausprägungen ‚externaler Wirksamkeitserwartung‘ gegenüber, mündet
dies häufig in ein Gefühl des Ausgeliefert-Seins.

Introversion

Ein weiterer Big-Five-Faktor, der in Verbindung mit Depression steht, ist die Introversion. Hier ist – im Gegensatz zur Extraversion – von einer geringen Aktivität im Umgang mit Menschen auszugehen. Betroffene meiden Kontakt und suchen den Rückzug – ein typisches Merkmal depressiv Erkrankter.

Gewissenhaftigkeit

Ebenfalls in Verbindung mit Depression stehen hohe
Ausprägungen im Big Five-Faktor Gewissenhaftigkeit. Hierunter fällt bspw. eine
hohe Leistungsbereitschaft oder ein Perfektionismus, bei dem sich Betroffene selbst
bisweilen unrealistisch hohe Standards setzen und mit Frustration oder
Selbstvorwürfen reagieren, wenn sie ihre selbst gesteckten Ziele nicht
erreichen.

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Gibt es eine 'depressive Persönlichkeit'?

Zwar wurde der Begriff ‚Depressive Persönlichkeit‘ früher verwendet, doch in den späten 1970ern von Robert L. Spitzer durch den Begriff Dysthymie (griechisch von „Missmut“) abgelöst. Entsprechend wird in den gängigen Diagnosemanualen (ICD-10 und DSM-5) eine ‚depressive Persönlichkeit‘ nicht mehr aufgeführt, wohl aber die Dysthymie.

Dysthymie: die chronische Depression

Unter Dysthymie wird eine langanhaltende depressive Verstimmung verstanden mit gleichen, aber schwächer ausgeprägten depressiven Mustern und Merkmalen, die sich jedoch über einen längeren Zeitraum (mindestens 2 Jahre) erstrecken. Belastend für Betroffene ist dann nicht die Schwere der Symptome, sondern der langanhaltende, sich über mehrere Jahre hinziehende belastende Prozess.

Betroffene zeigen in hierfür geeigneten Persönlichkeitsinventaren dann häufig Ausprägungen, wie sie oben aufgeführten Persönlichkeitsfaktoren entsprechen.

Wenn das Leben schwer wird: Depression und Burnout

Depression, wenn das Leben Grenzen setzt

Auch wenn die genannten Persönlichkeitsfaktoren in messbarem Zusammenhang mit Depression stehen: es kann auch ganz anders sein.

Denn auch Personen mit geringen Neurotizismuswerten, hoher Selbstwirksamkeitserwartung oder mit viel Selbstvertrauen oder Extraversion können in eine Depression rutschen, insbesondere dann, wenn sie vom Leben in ihre Schranken verwiesen werden.

Sie bringen dann eben nicht ein ‚zu wenig‘ an Handlungs- oder Lösungskompetenz mit. Sondern sie leiden darunter, ihre oft vielfältigen Fähigkeiten nicht (mehr) einbringen zu können. Einem „zu viel“ an eigenem Vermögen steht dann ein „zu wenig“ an Rahmenbedingungen gegenüber. Betroffenen fehlt es an Möglichkeiten, sich selbst zu spüren und als selbstwirksam zu erleben.

Beispiele hierfür wären ein Eintritt in den Ruhestand, ein Verlust des Ehrenamts oder eine einschneidende Beeinträchtigung der Gesundheit.

Allerdings fällt es solchen Menschen dann meist leichter, sich nach bewältigter Krise wieder neuen Aufgaben zuzuwenden – und Wirkungsstätten zu finden oder ins Leben zu rufen, die ihrem Leben wieder Sinn verleihen.

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Was tun bei Depression?

Das Wichtigste: bei entsprechenden Symptomen bitte unbedingt zum Arzt! Eine Depression darf keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden.

Depression und Medikamente

Bezüglich der Einnahme von Medikamenten in psychischen Krisen bestehen z. T. große Vorbehalte – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Doch mittlerweile steht hier ein breites Angebot zur Verfügung, aus dem der Facharzt ein auf den Patienten und seine Bedürfnisse und Bedenken abgestimmtes Präparat wählen kann.

Psychotherapie und psychologische Beratung

Zu Bedenken ist aber auch: Medikamente können den Genesungsprozess zwar wirksam unterstützen. Aber sie können Lernprozesse nicht ersetzen. Deshalb ist eine begleitende Psychotherapie bei Depression dringend zu empfehlen.

Hier kann sich der Patient in geschützter und vertrauensvoller Atmosphäre öffnen, Belastendes aufarbeiten und unter Anleitung ganz gezielt an seiner Persönlichkeit arbeiten.

Psychotherapie und Medikamente

Was häufig übersehen wird: akut depressiv Erkrankte sind häufig noch nicht für eine Psychotherapie zugänglich. Hier können vom Arzt verordnete Medikamente eine erste Entlastung schaffen, die eine Psychotherapie überhaupt erst ermöglicht.

Häufig ist es also eine Verbindung von Medikamenten und Psychotherapie, deren Anteile in der Behandlung individuell sorgsam aufeinander abzustimmen sind.

Hier gelangst du zu meinem Blogartikel 'Lebensstilanalyse: viel mehr als Glaubenssätze ermitteln'

Persönlichkeitsabhängige Versorgung

Wie in der Medizin steht auch in der psychologisch-psychotherapeutischen Versorgung zu Beginn die Standortbeschreibung: das Wahrnehmen und Verstehen dessen, was ist. Hier steht die Persönlichkeit des Betreffenden im Zentrum, wie er seine Situation erlebt, wie er darin agiert – und welche Resonanzen er aus der Umgebung erhält.

Sobald klar ist, wie hoch ausgeprägt verschiedene Persönlichkeitsfaktoren sind, kann gezielt gearbeitet werden. Daher haben hier wissenschaftlich fundierte Persönlichkeitstests einen wichtigen Platz. Und auch die Lebensstilanalyse, bei der die unbewussten Prägungen fassbar gemacht werden, ist ein zentraler Baustein auf dem Weg der Genesung.

Je besser es gelingt, die persönlichen Muster des Betreffenden zu erkennen und zu verstehen, je zielgerichteter kann gemeinsam gearbeitet werden.

Ausblick

Der Ausweg aus der Depression ist möglich. Und er ist individuell. Für Betroffene geht es darum, sich selbst besser kennen zu lernen und einen erweiterten Umgang mit verschiedenen, auch belastenden Dingen zu finden.

Und es geht um Selbstfürsorge. Um das für sich selbst sorgen lernen.

Ein nicht ganz einfacher, aber sehr lohnenswerter Weg: Für (wieder) mehr Lebensqualität.

Ich freue mich, wenn du meine Beiträge in deinem Netzwerk teilst:

Meine Blogbeiträge

Mein Name ist Dr. Brigitte Seiler

Als Psychologin mit langjähriger praktischer Erfahrung und großer Expertise im Bereich Persönlichkeit und Persönlichkeitsentwicklung berate ich Menschen bei ihren aktuellen Fragestellungen. Mein Spektrum reicht dabei von der psychotherapienahen Beratung bei Anzeichen von Depression oder Burnout bis hin zu Fragestellungen zur privaten oder beruflichen Weiterentwicklung.

Dr. phil. Brigitte Seiler. Kompetent und weltanschaulich offen. Viele Jahre Erfahrung in psychotherapeutischen und beratenden Kontexten.

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Publikationen

Denner, Liselotte / Ulrich Wehner / Brigitte Seiler / Annette Scheible (2020): Personbezogene pädagogische Professionalisierung – erste Befunde aus dem ppProfess-Projekt. In: Beck, Melanie / Lara Billion / Marei Fetzer / Melanie Huth / Victoria Möller / Anna-Marietha Vogler (Hrsg.): Multiperspektivische Analysen von Lehr-Lernprozessen Mathematikdidaktische, multimodale, digitale und konzeptionelle Ansätze. Münster u.a.: Waxmann-Verlag, S. 185-204 (Peer-review-Verfahren).

Seiler, B. (2019). Wirkfaktoren in Kunsttherapie und Kunstpädagogik: ein Vergleich. In: Kunst & Therapie. Zeitschrift für bildnerische Therapien. Jahresband (M. Wendlandt-Baumeister, K.-H. Mentzen, & P. Rech, Hrsg.). Köln: Claus Richter Verlag, S. 106-119.

Seiler, B. (2018). Wirkfaktoren menschlicher Veränderungsprozesse. Das ModiV in allgemeiner und kunstbezogener Beratung, Psychotherapie und Pädagogik. Wiesbaden: Springer.

Auszeichnungen

Trägerin des Wissenschaftspreis der Dr. Bertold Moos-Stiftung 2018